Magnetfeldtherapie in der Orthopädie
Kann
Magnetfeldtherapie bei Komplikationen mit einem künstlichen Gelenk helfen und
was kann sie innerhalb der Orthopädie leisten?

Wie
funktioniert die Heilung eines Bruches (Fraktur) ?
Man unterscheidet zwischen
einer primären und einer sekundären Frakturheilung. Bei einer primären
Frakturheilung handelt es sich um einen präzisen und geraden Bruch, der es
ermöglicht die beiden Knochenenden der Bruchstellen aufeinander zu pressen und
der Durchbau – also der Aufbau der neuen Knochenstruktur - erfolgt „direkt“.
Diese Form der Frakturheilung gelingt jedoch nur unter optimalen Bedingungen
wie beispielweise einer optimalen Durchblutung und einer entsprechenden
Ruhigstellung.

Für den Forscher unter Ihnen
ist sicherlich die Frage interessant: Wie kommt es innerhalb der Bruchstelle zu
einer solchen Reaktion – woher kommt die Information, dass an dieser Stelle nun
wieder Knochen wachsen soll? Wie gesagt, der Knochen wird nicht von den sich gegenüberliegenden
Frakturenden allmählich durch Zellteilung oder ähnlichem aufgebaut! Bevor wir
diese Frage versuchen zu klären, schauen wir uns doch einmal an, wie Knochen
wächst bzw. wie sich der Knochen auf veränderte Anforderung an Stabilität durch
Belastung anpasst.
Je mehr ein Knochen belastet
wird, desto stabiler wird er. Davon gehen wir zumindest aus, denn ein Knochen
muss in der Lage sein, sich den verschiedenen Körpergewichten, die er tragen
soll, anzupassen. Die Knochen des Schlagarmes von Tennisspieler sind anders in
der Konstruktion, im Vergleich zu den Armknochen des nicht belasteten Armes. Ein
Knochen wird eigentlich nie 100 % gleichmäßig frontal zur Längsachse belastet.
Es gibt in der Regel eine Seite, die gestaucht und eine Seite, welche gedehnt
wird. Ein Orthopäde namens J. Wolff hat Ende des 19. Jh. das Phänomen entdeckt,
das ein Knochen auf Belastungen reagiert, indem er die Form annimmt, die am
besten den Anforderungen entspricht, welche durch die Belastung gestellt
werden. Wird also ein Knochen ständig gebeugt, so wächst an der Innenseite –
also dort wo der Knochen komprimiert wird – Knochengewebe nach, um den Knochen
dort zu unterstützen und an der Außenseite wird Knochen abgebaut, der dort
nicht zur Stabilisierung benötigt wird. Für den Aufbau sind die Osteoblasten
zuständig, welche demnach das Signal „Druck“ zum Anlass nehmen, sich vermehrt zu
teilen und Knochenmatrix aufzubauen. Regelmäßige Leser der magnetopress wissen
inzwischen, welche komplexen Abläufe sich hinter dem Begriff „Signal“
verstecken können. Der Körper hat vielfache Möglichkeiten entwickelt, um intern
zu kommunizieren. Wichtig und interessant ist aber, wie die Information in die
Zelle gelangt und was die zellinterne Kommunikation auslöst.
Worauf
beruht das Phänomen des beschleunigten Knochenwachstums durch Einsatz der
Magnetfeldtherapie und wie erhalten die Osteoblasten das Signal „Druck“?
Im Fall der Aktivierung der Osteoblasten
gibt es noch viele ungeklärten Abläufe, aber auch einige bekannte
Zusammenhänge. Die im Zusammenhang mit der Magnetfeldtherapie interessante Form
der Aktivierung ist die Piezoelektrizität, die Iwao Yasuda, ein japanischer
Orthopäde, bereits 1954 entdeckte und die durch den Physiker Eiich Fukada 1957
und durch Prof. Dr. med. Robert O. Becker bestätigt wurde. (Wer sich für dieses
Detail besonders interessiert erhält von der Redaktion entsprechende
Buchtipps). Bei einer Sekundärheilung kommt Initial sehr wahrscheinlich ein
anderer Wirkmechanismus der Magnetfeldtherapie zum tragen, nämlich der der
erhöhten Mikrozirkulation. Wie bei einer primären Wundheilung steht auch bei
einer sekundären Wundheilung eine gute Durchblutung zu Beginn. Innerhalb der ersten
Phase wird das Wundgebiet mit feinen Kapillaren durchzogen, um eine optimale
Durchblutung zu gewährleisten. Innerhalb des Blutergusses, der am Anfang
entsteht, bildet sich ein feines Netz von Fibrin und Kollagen, welches durch
Granulationsgewebe, Fibroblasten und weiteres Kollagen im Verlauf ersetzt wird
und quasi ein erstes Grundgerüst darstellt. Es kann davon ausgegangen werden, dass
der mit der Magnetfeldtherapie angehobene Sauerstoffpartialdruck und die damit
verbesserte Sauerstoffversorgung im Gewebe ebenfalls unterstützend wirkt. Sind
Osteoblasten entstanden, greifen Mechanismen wie der piezoelektrische Effekt
und der gezielte Ionentransport. Letzteres können, durch Patente untermauert,
nur wenige Geräte leisten. Fragen Sie deshalb diesbezüglich beim Hersteller
nach!
Was
bedeutet Piezoelektrizität?
Druck ist neben anderen
Effekten verantwortlich für Knochenwachstum. Prof. Dr. med. Robert O. Becker
hat in seinem Buch „The Body Electric“ sehr ausführlich beschrieben, wie Druck
auf den Knochen in diesem elektrisches Potenzial auslöst. Piezoelektrizität ist
ein Begriff, der allgemein die Eigenschaft eines Materials beschreibt, auf
Druck elektrisches Potenzial zu entwickeln. Das bekannteste Beispiel ist das
elektrische Feuerzeug, dessen Zündmechanismus auf diesem Effekt beruht. Wie
kann ein Magnetfeld diesen Effekt nachbilden? Magnetfelder haben die
Eigenschaft, dass sie in einem Leiter Strom „induzieren“ können. Das Prinzip
ist ebenfalls bekannt, es ist der Dynamo am Fahrrad. An dieser Stelle werden
Sie sich sicherlich ebenso wie ich fragen, fließt dann Strom im Knochen? Wenn
man den Begriff „Strom“ an dieser Stelle im haushaltsüblichen Kontext verwendet
muss diese Frage mit einem klaren Nein beantwortet werden. Wir haben in der
Sonderausgabe der magnetopress erklärt, wie Magnetfeldtherapie den Fluss der
Ionen – also Ladungsträger – beeinflussen kann. Die entsprechenden Stichworte
sind „Lorentzkraft“ und „Halleffekt“. Die Piezoelektrizität entsteht ebenfalls
durch Verschieben von Ladungsträger. Extrem vereinfacht kann man also sagen,
dass die Magnetfeldtherapie den Piezoeffekt imitiert, indem sie Ionen (Calcium,
Natrium etc.) mit Hilfe der Lorentzkraft und des Halleffektes „verschiebt“. Wie
immer haben wir an dieser Stelle das Problem, einen Sachverhalt
allgemeinverständlich zu erklären, ohne die notwendigen Details zu verschweigen,
die einer exakten Darstellung geschuldet sind. Aus diesem Grund erfolgt
insbesondere an dieser Stelle unsere Aufforderung: Sie haben Fragen oder sind
der Meinung dass ein Sachverhalt anders dargestellt werden muss? – Schreiben
Sie uns!
Wie zu Beginn erwähnt gibt es
inzwischen noch eine Reihe anderer Signalwege, die diskutiert werden, wenn es
um die Aktivierung der Osteoblasten geht. Neben einer hormonellen Aktivierung,
wird auch ein sogenanntes Strömungspotenzial oder der hydrostatische Druck
erwähnt. So lange wie hierüber noch keine absolute Klarheit besteht, kann kein
Erklärungsansatz verworfen oder hervorgehoben werden.
Die Tatsache, dass es sich
hier um eine Verschiebung von Ladungsträger (Ionen) und nicht um die Induktion
von fließenden Strom handelt, ist ebenfalls Teil der Erklärung, warum
Magnetfeldtherapie auch bei Endoprothesen angewandt werden kann und
unbedenklich ist.
Kann
Magnetfeldtherapie auch bei Endoprothesen angewandt werden?

Jedes Material hat in Bezug
auf Magnetismus spezifische Eigenschaften. Diese Eigenschaften werden in dia-,
para-, und ferromagnetisch unterteilt. Mit diesen Einteilungen sind spezifische
Verhaltensweisen klassifiziert die z.B. eine Aussage dazu treffen, ob sich das Material
magnetisieren lässt oder nicht. Endoprothesen sind in der Regel aus Titan, ein
paramagnetischer Stoff der die Eigenschaft besitzt, dass er nicht magnetisch
ist. Das bedeutet dass die Lage bzw. die Position durch ein Magnetfeld nicht
beeinflusst werden kann. Innerhalb des Stoffes gibt es aber sehr wohl
Reaktionen, wenn dieses Material einem Magnetfeld ausgesetzt wird. So wurde beispielsweise
untersucht, ob Titan durch eine Untersuchung im Magnet-Resonanz-Tomographen
(MRT) mit einer Erwärmung auf das Magnetfeld reagiert. In erster Linie muss man
dies positiv beantworten. Allerdings hängt das von der Intensität des
Magnetfeldes, seiner Signalform (pulsierend oder statisch) und der Kopplung mit
anderen Strahlungen, wie Radiowellen welche beim MRT genutzt werden, ab.
MRT-Geräte arbeiten gewöhnlich mit einer Magnetfeldstärke von 1,5 Tesla und im
Hochfrequenzbereich. In einer Testreihe, welche Titan-Implantate für den HNO-Bereich
bezüglich ihrer Sicherheit bei MRT-Diagnostik untersuchte, hat man bei 1,5 Tesla
und 15 Minuten fortwährendem MR-Scan einen Temperaturanstieg von weniger als
2,2 °C gemessen. Magnetfeldtherapie arbeitet mit Magnetfeldstärken von unter
100 µTesla, eine Feldstärke, welche um ein vielfaches weniger intensiv als die
des MRT ist. Magnetfeldtherapie bei Endoprothesen ist demnach als völlig
unbedenklich einzustufen.
Warum
ist gerade für immobile Patienten die Magnetfeldtherapie mehr als zu empfehlen?
Es gehört inzwischen zu den
Volksweisheiten, dass mangelnde Bewegung ein idealer Nährboden für Erkrankungen
ist. Angefangen bei einem erhöhten Thromboserisiko bis hin zur
überproportionalen Gewichtszunahme bei gleichzeitig ungebremster Kalorienzufuhr:
Das Fehlen von Bewegung hat vielfältige Auswirkungen auf unseren Körper. Nun
kann Magnetfeldtherapie die Bewegung nicht ersetzen, aber die grundlegenden
Wirkungsweisen können die negativen Auswirkungen bremsen. Mit Hilfe der
Magnetfeldtherapie wird die Mikrozirkulation erhöht. Ein Effekt der dafür
sorgt, dass im Gewebe ausreichend Nährstoffe ankommen und Schlackenstoffe
abtransportiert werden. Der Anstieg des Sauerstoffangebotes im Gewebe ist
normalerweise ein Effekt, den wir nur durch sportliche Aktivität auslösen
können. Magnetfeldtherapie hat in einer Untersuchung von 6000 Studenten den gleichen
Effekt erzielen können. Diese beiden Faktoren können nicht nur für eine
beschleunigte Wundheilung verantwortlich gemacht werden, sondern stellen quasi
eine bewegungsfreie, auf molekularbiologischer Ebene stattfindende Mobilisation
des Patienten dar.
Fazit
Die Magnetfeldtherapie ist für
die Orthopädie durchaus eine adäquate Therapieoption. Allerdings muss sich bei
Patient und Behandler die Erkenntnis durchsetzen, das eine oder zwei
Anwendungen pro Woche wenig Wirkung zeigt. Insbesondere in der Schmerztherapie
müssen täglich 2 bis 3 Anwendungen erfolgen, um eine der Physiologie der
Schmerz- bzw. Reizweiterleitung angepasste Behandlung anzubieten. Viele Studien
zeigen bei Arthrose, Gonarthrose und Rheuma relevante Vorteile durch die
Behandlung mit Magnetfeldtherapie auf. Das Potenzial, dass sich hier andeutet,
ist auch für den Bereich der Sportmedizin von Bedeutung und sollte Orthopäden,
welche auf diesem Gebiet besonders aktiv sind, dazu auffordern über einen
intensiveren Einsatz moderner Magnetfeldtherapiegeräte nachzudenken.
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